FEATURE 13 Februar 2019

Ein Kreativer aus der Behind the Mac-Kampagne würdigt sein literarisches Idol

Barry Jenkins über James Baldwin, das Filmen von dunkler Haut und Filmemachen im Zeitalter des iPhone

Illustration von Barry Jenkins.
Regisseur Barry Jenkins spricht über "If Beale Street Could Talk", seinen dritten Spielfilm und das Potenzial heutiger junger Filmemacher.
Der mit dem Oscar ausgezeichnete Regisseur Barry Jenkins sagt, er sei "ins Filmemachen gestolpert" und habe einige Jahre lang die Florida State University besucht, bevor er die Filmschule entdeckt habe. "Ich bin exakt am Wendepunkt zwischen Old-School-Kino und New-School-Kino zur Filmschule gegangen", sagt Jenkins, "wir haben also tatsächlich noch gelernt, Filme auf so genannten 'flat beds' zu schneiden ... man muss den Film tatsächlich physisch zerschneiden und wieder zusammenkleben. Nachdem man dies für ein ganzes Jahr lang getan hat, war der Übergang zu nichtlinearen Bearbeitung gerade zu schockierend."
"Aber ich habe hier viel gelernt", fährt er fort. „Mach' nur die Schnitte, die du unbedingt machen musst."
In der letztjährigen Behind the Mac-Kampagne, die Kreative feiert, die mit einem Mac arbeiten, sieht man Jenkins mit seinem MacBook Pro unter einem Regenschirm stehen. Der Regisseur exportiert hier gerade die letzte Version seines 2017 mit dem Oscar ausgezeichneten Spielfilms 'Moonlight'.
Jenkins, der im traditionellen und modernen Filmemachen ausgebildet wurde, verbindet sein Handwerk mit digitalen Geräten wie seiner ARRI Alexa-Kamera, dem MacBook Pro und sogar seinem neuen iPad Pro. "Die Arri-Kameras und die Apple-Plattform sind die beiden Dinge, die mir geholfen haben, der Filmemacher zu werden, der ich heute bin", sagt Jenkins. 
Sein neuester Film, nach James Baldwins 'If Beale Street Could Talk', ist eine mahnende Geschichte über das Schwarze Leben in Amerika in den 1970er Jahren welche die Schwierigkeiten eines jungen Paares beim Versuch aufzeigt, sich an eine um sie herum verändernde Welt anzupassen. Der Roman wurde 1974 veröffentlicht, sechs Jahre nach der Ermordung von Martin Luther King Jr. im Jahr 1968 und ein Jahrzehnt nach der Verabschiedung des Civil Rights Act von 1964.
Barry Jenkins am Set mit den Schauspielern Dave Franco, Stephan James und KiKi Layne.
Barry Jenkins am Set mit den Schauspielern Dave Franco, Stephan James und KiKi Layne. Foto mit freundlicher Genehmigung von Tatum Mangus / Annapurna Pictures.
Baldwins literarischer Ton ist kritisch und unmissverständlich, was seine Analyse des Zustands der Welt um ihn herum betrifft. Er schafft ein feines Gleichgewicht zwischen der Schönheit und der Brutalität Amerikas. 
In Jenkins' Adaption wird dieses Gleichgewicht durch gemeinsame Momente zwischen Tish (gespielt von KiKi Layne) und Fonny (Stephan James) gezeigt – sei es in den Straßen von Harlem oder dem West Village bis hin zum kugelsicheren Glas der Tombs, der Haftanstalt von Manhattan.

"Meine Arbeit bei der Herstellung dieses Films, aus handwerklicher Sicht, aus ästhetischer Sicht, bestand darin, zu versuchen, Empfindungen in Klänge und Bilder zu übersetzen, und zwar in den Worten von James Baldwin."

Um Baldwins Worte in bewegte Bilder zu übersetzen, erzählt Tish die Ereignisse, die zu ihrer und Fonnys aktuellen Situation führten: verliebt, in Erwartung eines Kindes und im Kampf für Fonnys Freiheit nach dessen unrechtmäßiger Verhaftung. 
"Der Film besteht aus Erinnerungsströmen und Alpträumen und hinterfragt; wie sieht die 19-jährige Tish Harlem?" Jenkins fährt fort. "Wie will sie sich daran erinnern? Und sobald wir das erreicht haben, hat sich diese Lebenswelt für uns geöffnet."
Die Schauspieler Stephan James und KiKi Layne in "If Beale Street Could Talk".
'If Beale Street Could Talk' ist die erste englischsprachige Adaption von James Baldwin, einem bekannten Autor der über Rassenbeziehungen in den USA während der Ära der Bürgerrechtsbewegung geschrieben hat. Foto mit freundlicher Genehmigung von Tatum Mangus / Annapurna Pictures.
'If Beale Street Could Talk' ist die erste englischsprachige, fiktionale Adaption von Baldwin, ein Meisterwerk mit seinen eigenen, einzigartigen Herausforderungen.
"Literatur ist ein sehr gefühlsbetontes Medium, es geht nur um die innere Stimme", sagt Jenkins. "Und beim Kino geht es darum, dass man diese von einer Außenansicht auf eine bestimmte Weise darstellt. Du weißt schon, Klänge und Bilder. Es ist dir nicht unbedingt erlaubt, dich in die Figur hinein zu versetzen. Bei James Baldwin und der Kraft seines Schreibens dreht sich alles um diese innere Stimme. Bei meiner Arbeit an diesem Film, aus handwerklicher Sicht und aus ästhetischer Sicht, ging es also darum, diese Gefühlswelt in Klänge und Bilder zu übersetzen, und zwar in den Worten von James Baldwin."
Auf einer ARRI Alexa 65 aufgenommen bietet 'Beale Street' dem Publikum einen intimen Einblick in das Leben der Schwarzen. Jenkins ist dankbar für die Möglichkeit, diese intimen Einblicke in das Leben und Lieben dieser Familie, die sich sein literarisches Vorbild ausgedacht hat, in einem so großen Format einfangen zu dürfen.
"Die Geschichte [des Kinos] ist mit 35-mm dünnem Rollfilm verbunden", erklärt Jenkins. "Heutzutage sind Kameras programmierbare Computerchips, so dass man Algorithmen schreiben kann, die bestimmen, wie sie sich verhalten oder wie sie Licht einfangen. In der Vergangenheit war man in gewisser Weise dadurch eingeschränkt, wie bestimmte Filmmaterialien entstanden sind und wie hoch deren Kontrastumfang war. Jetzt, wann immer wir uns für die Herstellung eines Films vorbereiten, können wir den Computer von Grund auf neu programmieren. Also definieren wir die Kameras von vornherein so, dass sie dunklere Farben priorisieren, in diesem Fall meine ich dunklere Hauttöne. Das erleichtert es ungemein."
Barry Jenkins in Apple’s Behind the Mac-Kampagne.
Der Filmemacher Barry Jenkins, der in Apples Behind the Mac-Kampagne zu sehen ist, exportiert die letzte Version seines mit dem Oscar ausgezeichneten Films 'Moonlight'.
Jenseits der neuen Kameras erfordert das Filmemachen noch ein wenig Magie. Dies geschieht im Editor. 
Joi McMillon ist eine langjährige Mitarbeiterin von Jenkins. Als eine der beiden Oscar-nominierten Cutterinnen von 'Moonlight' "atmet" sie Avid auf dem Mac Pro. McMillon arbeitete mit Jenkins und dem Kameramann James Laxton zusammen, um den Film zum Leben zu erwecken.
In einer Szene verbringen Fonny und Daniel (Brian Tyree Henry) Stunden zusammen in Fonnys Wohnung und die Gesprächsthemen wandeln sich vom reinen Smalltalk zu etwas, das Daniel Sorgen bereitet.
"Es ist eine Art Szene innerhalb einer Szene, und man verändert die Beleuchtung und den Kamerawinkel und so wirkt es auf den Zuschauer nicht ermüdend, wenn man sich so lange an einem Ort aufhält", erklärt McMillon. "Es gibt immer neue Informationen in jedem Abschnitt dieses Teils des Films."
Jenkins wollte, dass das Publikum die Energie spürt, die zwischen Fonny und Daniel übertragen wird. Eine Kamera gleitet langsam zwischen ihnen hindurch und ermöglicht es  immer tiefer und tiefer in Daniels Geist und Fonnys Reaktion darauf einzutauchen.
Die Schauspieler Stephan James, KiKi Layne und Brian Tyree Henry in "If Beale Street Could Talk".
Von links: Fonny (gespielt von Stephan James), Tish (KiKi Layne) und Daniel (Brian Tyree Henry) in Fonny's Wohnung, kurz bevor Daniel über seine Inhaftierung in "If Beale Street Could Talk" spricht. Foto mit freundlicher Genehmigung von Tatum Mangus / Annapurna Pictures.
"Es gibt so viel Wärme auf Fonny und Daniels Haut, und doch ist das, wovon sie reden, so dunkel und beängstigend und ich liebe einfach diesen Kontrast", sagt McMillon. "Die Art und Weise, wie es aufgenommen wurde, gibt einem das Gefühl, mit ihnen am Tisch zu sitzen."
Diese Art der Immersion wird zu einem Markenzeichen von Jenkins. In "Moonlight" hatte der Zuschauer das Gefühl an einem ähnlichen Tisch in einem Diner zu sitzen oder sogar mit den Darstellern im Meer zu treiben. 
In diesen Tagen sind Jenkins, McMillon und die 'Beale Street'-Besetzung wieder bei diversen Preisverleihungen unterwegs. Der Film ist für drei Oscars nominiert: Beste Nebendarstellerin (Regina King), Beste Original-Musik (Nicholas Britell) und Bestes adaptiertes Drehbuch (Jenkins).

"Sogar die alten Hasen, die diese neuen Werkzeuge annehmen.... tauchen jetzt richtig tief ins Digitale ein."

Was kommt als nächstes: Eine Amazon-Serie, die auf Colson Whiteheads 'The Underground Railroad' basiert. Jenkins scherzt, das wird seine künstlerische Wunschliste abrunden: "Mach einen Film darüber, woher ich komme, und das wurde zu 'Moonlight'. Ich wollte auch meinen Lieblingsautor adaptieren und das ist 'Beale Street'. Und das letzte war, dass ich etwas über den Zustand der amerikanischen Sklaverei sagen wollte. Und das ist die 'The Underground Railroad'."  
Während Jenkins seine Wunschliste abhakt, sieht er eine neue Klasse von Filmemachern kommen, von denen er überzeugt ist, dass sie ihn bald überholen werden."Sogar die alten Hasen, die diese neuen Werkzeuge annehmen ... tauchen jetzt richtig tief ins Digitale ein", sagt Jenkins. "Steven Soderbergh arbeitet seit einigen Jahren fast ausschließlich mit dem iPhone." (Soderberghs neuester Film, 'High Flying Bird', wurde komplett auf einem iPhone 8 gedreht und letzten Monat erstmals auf Netflix ausgestrahlt.)
"Du kannst heutzutage wirklich alles machen, ob mit deinem Handy oder mit einer DSLR", sagt er. "Die Welt ist die Auster eines jungen Filmemachers."

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